Mit dem Kompass zur Klangpoesie

Debussy-Hommage mit Pianist Mark Anders
von Peter Buske

Müncheberg. „Das Vergnügen ist das Gesetz“, formulierte Claude Debussy einmal gegenüber Mäklern sein künstlerisches Credo. Ausgangspunkt des Streits war das bis dato tonsetzerische Diktum, ein Septakkord habe sich aufzulösen. Debussy hielt sich nicht daran –  und hatte damit sein Markenzeichen gefunden: das des klanglichen Schwebens. Das wiederum fasziniert den 1974 in Naumburg geborenen diplomierten Pianisten Mark Anders bis auf den heutigen Tag. Und so widmete er Debussys diesjährigem 150. Geburtstag einen ganz speziellen Klavierabend. Unter dem Thema „Klänge und Düfte kreisen in der Abendluft“ präsentierte er ihn am novemberdüsteren und regennassen Sonntag in der Stadtpfarrkirche.

Dabei lässt er seinen musikpädagogischen Ambitionen – er ist Klavierlehrer in Berlin Köpenick – freien Lauf, indem er nicht nur eine Auswahl aus dem Klavieroeuvre des Jubilars spielt, sondern die Stücke auch auf verständliche Weise erläutert. Kurzum: man erlebt einen spannenden Musikunterricht für Erwachsene. Er berichtet aus dem Leben Debussys, benennt Inspirationsquellen für dessen Klavierpoesie, die größtenteils außermusikalische Titel wie „Ein Abend in Grenada“, „Was der Westwind gesehen hat“, „Die Weinpforte“, „Undine“ oder „Die Terrasse der Mondscheinaudienzen“ trägt. Er erklärt den Wissbegierigen die Sonatenhauptsatzform, spielt Themen an, breitet Näheres zu Entstehungsgeschichten aus. Debussy betreibe „keine Nachahmung der Natur, sondern ihre gefühlsmäßige Transformation“. Und auf den Punkt gebracht: „Debussy ist Farbe und rhythmisierte Zeit!“

Mit diesem Kompass ausgestattet, kann sich der Klangschlemmer nun ganz dem Hörgenuss hingeben. Mark Anders liebt den leichten, konturenklar zeichnenden, stimmungsschildernden Anschlag. Im eingangs gespielten Prélude aus der „Suite Bergamasque“ oder in der dreiteiligen Sammlung „Pour le Piano“ kann er sich in allen denkbaren Spielarten ergehen. Er tut’s auf die Lustvollste und gelenkigste Art und Weise. Virtuose Sechzehntelläufe verwandelt er in unaufhörliche Wellenbewegungen oder rauschende Klangströme. In den „Estampes“ (Kupferstiche) tastatiert er duftiges fernöstliches Pagodenkolorit, beschreibt er sehr eindrucksvoll die Stimmung von „Gärten im Regen“. Selbst in den Auszügen aus dem Spätwerk der zweibändigen „Préludes“-Sammlung bleibt das Spiel des Pianisten stets kontrolliert. Es pendelt zwischen effektvoll und introvertiert, regt die Phantasie der Zuhörer auf’s angenehmste an. (…)

 

Märkische Oderzeitung, 13. November 2012