Musikalische Perlen aus Schattendasein befreit

Pianist Mark Anders stellt in Klangzeit „unmoderne“ Beethoven-Werke vor – Großer Applaus für gelungene Interpretation

Naumburg. Durch Dunkel zum Licht: Dieses die 5. ebenso wie die 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven bestimmende dramaturgische Prinzip hätte auch über dem jüngsten Klangzeit-Konzert im Naumburg-Haus stehen können. Interpretierte doch Pianist Mark Anders Werke des Vollenders der Wiener Klassik, die ein Schattendasein führen oder heute, um das Motto der Veranstaltung zu zitieren, „aus der Mode gekommen“ sind.

So gehören Beethovens Klaviersonaten zwar zu den meist gespielten Werken klassischer Kammermusik. Aber die mit der Opusnummer 22 spielen nur wenige Pianisten. Nicht, weil die Komposition ungewöhnlich große Virtuosität verlangen würde. Aber das Werk, so Anders in einer kurzen Einführung, wirkt, zumindest im ersten Satz unpersönlich und unverbindlich. Dass die gescholtene Einleitung aber mehr als geläufiges klangblendwerk ist, wenn nur durch intensive Auseinandersetzung mit dem Notentext die geistige Durchdringung des Werkes gelingt, bewies der gebürtige Naumburger Mark Anders eindrucksvoll.

Das Publikum zeigte sich der auf alle Manierismen verzichtenden Interpretationsweise des 33jährigen gegenüber aufgeschlossen und dankte ihm mit lang anhaltendem Beifall. Der in Eberswalde  aufgewachsene und in Berlin lebende freischaffende Pianist und Klavierpädagoge hatte allerdings die Herzen seiner Zuhörer schon zuvor mit einer Überraschung gewonnen: Spielte er doch eingangs eine Komposition, die gemeinhin „Für Elise“ genannt wird. „Der Name ist eine Fehlinterpretation von Beethovens Handschrift“, erfuhren die überraschten Besucher nach unsentimentaler flotter Interpretation des schienbar abgedroschenen Stückes von Mark Anders. Die Dame, der das Stück gewidmet wurde, war die Tochter des Arztes des Meisters und hieß Therese Malfatti.

Beethoven beherrschte bestens die Kunst der Improvisation. Einen Eindruck von diesem Können vermittelte der Pianist mit „32 Variationen über ein eigenes Thema“, die in keinem Opus-Verzeichnis auftauchen, weil sie (zu Beethovens Lebzeiten) unveröffentlicht blieben.

 

Das populäre Klavierstück „Die Wuth über den verlorenen Groschen“ spielte Mark Anderes mit jener ironischen Distanz, die der gerade mal 25 Jahre alte Beethoven beim Komponieren dieses G-Dur-Rondos wohl selbst hatte. Auch die das Konzert beschließende Sonate Pathétique c-moll op. 13 interpretierte der Berliner Künstler in einer kraftvollen, aber dennoch transparenten Klangsprache.

 

Naumburger Tageblatt, 11.2.2008